Vielen Dank an Bianka Kaspar für das Interview   www.interviews-reisen.de

PERSPEKTIVEN-WECHSEL
EIN INTERVIEW MIT GREGORY B. WALDIS
– Schauspieler (TV: „Ein Sommer auf Mallorca“, „Rote Rosen“, „Tierärztin Dr. Mertens“, „Sturm der Liebe“, „Utta Danella: Wenn Träume fliegen“, „SOKO 5113“, „Die Rosenheim-Cops“ etc.; Theater: „Das Interview“, „Kolls letzter Anruf“, „Macbeth“, „Cyrano de Bergerac“ u.a.), Fotograf und leidenschaftlicher Lehrer für Fotografie –
Jahrgang 1967, in Hollywood geboren, Mutter Dänin, Vater Schweizer, begeisterter Gleitschirm-Flieger und Wahl-Berliner. 

Seit wir das letzte Mal gesprochen haben, hat sich Ihr professionelles Portfolio um den Beruf des Fotografen erweitert. Wie kam es dazu und welchen Einfluss hat dabei Ihr Vater?
Angefangen hat es, wie so oft bei Veränderungen, mit einer Krise. Einer beruflichen. Ich habe vor acht Jahren nach einer Möglichkeit gesucht, mich eigenständiger kreativ auszuleben. Da ich ja sozusagen mit der Kamera in der Hand und vor der Nase aufgewachsen bin (mein Vater war schon Fotograf), lag es nahe, mich wieder dem Bildermachen zu widmen. Aus dieser Leidenschaft wurde dann sehr schnell auch ein Arbeitsfeld.
Seit Anfang dieses Jahres ist noch der Beruf des Coaches für Fotografie hinzugekommen. Ich liebe es, mein Wissen weiterzugeben und andere bei ihrer fotografischen Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen.

Wie sehr ist Ihnen bei dieser Arbeit Ihre Erfahrung aus der Schauspielerei von Nutzen, etwas ‘in Szene zu setzen‘, Präsenz, eine bestimmte Stimmung oder Aussage zu erzeugen?
Da ich mich seit fast 30 Jahren mit der Frage nach Authentizität vor der Kamera beschäftige, setzt sich diese Suche natürlich auch in der Fotografie fort. Die Schauspielerei gibt mir schon einige Mittel, die mir sehr helfen, an die Hand. Auch was die Bildgestaltung angeht, mache ich gerne Anleihen beim Film. Wie ich mit Licht umgehe, zum Beispiel, hat etwas sehr Filmisches.

Portrait-Aufnahmen, einer der anspruchsvollsten Bereiche der Fotografie – warum haben Sie sich gerade darauf spezialisiert? Was bedeutet Ihnen diese Arbeit?
Das kam für mich auch ein wenig überraschend. Anfangs fand ich es schwierig und manchmal auch einschüchternd, Menschen zu fotografieren. Aber nach und nach habe ich gemerkt, dass die Faszination größer ist als meine Scheu vor dem Kontakt. Ich denke, ich habe einen tief verwurzelten Wunsch nach Austausch mit meinen Mitmenschen. So sieht man auf meinen Bildern die Menschen durch meine Augen und ich lerne, die Welt auch immer ein wenig durch ihre zu sehen.

Als sehr engagierter und an anderen interessierter Mensch fällt es Ihnen vermutlich leicht sich auf Ihre Kunden einzustellen, sich in sie einzufühlen?
Ich denke, jeder emphatische Mensch kennt das Spannungsfeld zwischen Einfühlung und Abgrenzung. Die Kamera unterstützt mich sehr, das Thema zu verstehen. Sie schafft einerseits eine Brücke, andererseits diese klare Abgrenzung. So interagiere ich mal, mal bin ich der Beobachter. Und wenn ich zwischendurch nicht weiter weiß, nehme ich auch gerne kurz die Position meines Kunden ein: stelle mich ins Set und fühle, was da vor sich geht. So kann ich oft Haltungen vermitteln, die ich mit Worten gerade nicht erklären kann.

Wie man auf Ihrer Website lesen kann, ist Ihnen eine gute Vorbereitung sehr wichtig. Was machen Sie, wenn ein Klient etwas in seinen Fotos dargestellt haben möchte, das Sie so bei ihr/ihm nicht sehen? Kreieren Sie gerne eine ‘Aura‘ oder suchen Sie nach dem puren Wahren einer Person oder macht es Ihnen vielleicht Freude, etwas fotografisch einzufangen, das derjenige selbst noch nicht an sich entdeckt hat?
Für die Schauspieler-Portraits ist mir eine gute Vorbereitung in der Tat wichtig. Für Privatkunden, die ich auch sehr gerne fotografiere, ist diese nicht ganz so umfangreich. Da reicht meist ein Vorbereitungsgespräch am Telefon.
Für Schauspieler und Schauspielerinnen haben die Bilder ja das klare Ziel, sie gut zu repräsentieren und für Rollen ins Gespräch zu bringen. Für Privatpersonen geht es meist darum, eine geliebte Seite von sich abzubilden.
Manchmal passiert es in der Tat, dass Kunden eine Selbstwahrnehmung haben, die ich im ersten Moment nicht nachvollziehen kann. Dann schaue ich erst mal genauer hin und suche nach der Qualität, die sie in sich sehen. Aber ich zeige ihnen auch Qualitäten an sich, deren sie sich selbst noch nicht bewusst waren. Das ist immer spannend und macht auch viel Spaß! Mir ist es wichtig, dass die Wahrheit im Bild vom Menschen ausgeht. Das Set unterstützt das im Idealfall.

Wo sehen Sie bei der Portrait-Fotografie die Grenzen Ihrer eigenen Kreativität?
Oh, da gibt es so viel, das ich noch lernen kann! Meine Bilder sind wenig abstrakt, eher szenisch. In diesen beiden Bereichen kann ich mir noch was abschauen: Styling und Bildsprache einerseits, Symbolik und inhaltliche Tiefe andererseits. Wenn ich manchmal die alten Meister im Museum betrachte, werde ich ganz ehrfürchtig.

Wann ist ein Foto für Sie gelungen?
Als Fotograf sehe ich natürlich immer auch die Bildgestaltung, die Lichtführung und die Farbkomposition. Aber am allerwichtigsten ist der Ausdruck des Models für mich. Wenn der den Betrachter nicht packt, auf den Punkt ist, dann bringt der schönste Bildaufbau, die aufwendigste Ausstattung nix!
Denken Sie mal an den letzten Film, den Sie gesehen haben. Was bleibt in Erinnerung? Was daran war besonders? Wenn Sie nicht gerade Filmemacherin oder Fotograf sind, ist es die Emotion, die der Charakter in ihnen ausgelöst hat. Selten die hübschen Bilder oder die tollen Farben.

Wie halten Sie es mit Selbstportraits?
Die mache ich sehr gerne. Meist aber eher, wenn es mir nicht so gut geht. Selbstportraits sind eine Reise in die eigene Seele. Manchmal schön, manchmal gruselig. Immer spannend.

Arbeiten Sie ausschließlich im Studio oder fotografieren Sie auch Menschen z.B. auf Reisen? Wie hat sich Ihr privates Fotografieren durch Ihre Profi-Arbeit verändert?
Im Studio bin ich sehr selten. Meist draußen oder, wie wir sagen, „on Location“. Das sind oft Kneipen oder Cafés. Vielleicht eine Lobby oder mal eine Fabrikhalle … was auch immer passt und wo ich die Erlaubnis bekomme, zu fotografieren.
Privat fotografiere ich meist, wenn ich mit meiner Verlobten, die auch eine hervorragende Fotografin ist, unterwegs bin. Das ist dann eine Mischung aus Portrait- und Reisefotografie.

Vor ein paar Jahren sagten Sie, ich solle Ihnen eine Frage aus dem letzten Interview in ein paar Jahren nochmal stellen. ;- ) Voilà:
Wenn man etwas über einen Menschen erfahren möchte, soll man sich anschauen, wovon er träumt. Welche Träume möchten Sie sich noch erfüllen?
Mein größter Traum erfüllt sich gerade. Es ist die Frau an meiner Seite, mit der ich durch ein aufregendes, abenteuerliches Leben gehen darf.